5.2.1 Verschattung
Aufgrund der im Bebauungsplan festgesetzten baulichen Dichte kommt dem Aspekt der Besonnung im Rahmen der Abwägung ein besonderes Gewicht zu. Die geplante Nachverdichtung führt voraussichtlich zu zusätzlichen Verschattungswirkungen im Umfeld. Vor diesem Hintergrund wurde ein Verschattungsgutachten erstellt.
Das Gutachten untersucht zwei Szenarien:
Szenario 1: Betrachtet wird die Verschattungswirkung bei vollständiger baulicher Realisierung der im Bebauungsplan Eppendorf 3 festgesetzten maximal zulässigen Dichte. Die Ergebnisse dienen als zentrale Abwägungsgrundlage für mögliche Beeinträchtigungen der Gebäude im Hinterhof sowie in der angrenzenden Nachbarschaft.
Szenario 2: Für die Gebäude Goernestraße 9 und Knauerstraße 1 ist – wie bereits dargelegt – aus unterschiedlichen Gründen kurzfristig keine bauliche Veränderung zu erwarten. In diesem Szenario werden die beiden Gebäude daher im Bestand berücksichtigt, während für die übrigen im Plangebiet gelegenen Grundstücke (Goernestraße 11 bis 19) weiterhin die maximal mögliche Bebauung angenommen wird. Folgerichtig liegen für diese Grundstücke ausschließlich Ergebnisse aus Szenario 2 vor. Szenario 1 geht von einer vollständigen Ausschöpfung der baulichen Dichte aus und berücksichtigt daher keine Messpunkte an den Fassaden von Goernestraße 9 und Knauerstraße 1. Das Szenario 2 bildet eine potenzielle Übergangsphase bis zur vollständigen städtebaulichen Umsetzung des Bebauungsplans ab und ermöglicht eine differenzierte Beurteilung der Verschattungswirkungen auf diese beiden Bestandsgebäude (Goernestraße 9 und Knauerstraße 1). Für die unmittelbare Nachbarschaft kann dieses Szenario ebenfalls ergänzend herangezogen werden, insbesondere sofern sich Verbesserungen bezüglich der Besonnungsdauer oder der Besonnungsveränderung im Winterhalbjahr ergeben.
Bei der Bewertung der Besonnungs- bzw. Verschattungssituation ist generell zu beachten, dass weder für die Bebauungsplanung noch für die Genehmigungsebene rechtsverbindliche Grenz- oder Richtwerte oder eindeutige gesetzliche Vorgaben hinsichtlich der Besonnungsdauer existieren. Weder das Baugesetzbuch noch die Hamburgische Bauordnung enthalten eine Definition dessen, was unter einer ausreichenden Besonnung zu verstehen ist. Ebenso fehlen konkretisierende Rechtsvorschriften, die Richt- oder Grenzwerte für eine zumutbare Verschattung festlegen.
Gleichwohl sind für die Bewertung von Besonnung und Verschattung Maßstäbe zu wählen, die eine gewisse Vergleichbarkeit ermöglichen und die in der Praxis üblicherweise verwendet werden. Aus diesem Grund wird regelhaft die technische Norm DIN EN 17037 „Tageslicht in Gebäuden“ als Orientierung herangezogen (einsehbar an der Technischen Universität Hamburg-Harburg, Universitätsbibliothek, Denickestraße 22, 21073 Hamburg). Neben einem europaweiten, standardisierten Berechnungsverfahren für die Tageslichtversorgung in Innenräumen enthält die DIN-Norm Empfehlungen für die Dauer der Besonnung in Aufenthaltsräumen.
Diese Herangehensweise findet auch Bestätigung in der 2021 veröffentlichten und 2025 aktualisierten Handreichung „Einheitliche Standards für Verschattungsstudien im Rahmen von Bebauungsplanverfahren und Hinweise für die Abwägung“ der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) der Freien und Hansestadt Hamburg. Die genannte Norm empfiehlt für eine ausreichende Tageslichtversorgung in Innenräumen eine Mindestbesonnungsdauer von 1,5 Stunden (90 Minuten) im Zeitraum vom 1. Februar bis zum 21. März.
Ob zusätzliche Verschattungswirkungen im Umfeld der möglichen Bebauung als zumutbar oder erheblich einzustufen sind, bemisst sich nicht nur an der Besonnungsdauer zur Tag- und Nachtgleiche (Stichtag 20. März), sondern insbesondere auch an den Veränderungen der Besonnungszeiten im sonnenarmen Winterhalbjahr. Die Wohnqualität hinsichtlich der Besonnung kann auch bei Einhaltung eines DIN-Wertes unzumutbar beeinträchtigt sein, wenn im Winterhalbjahr, in denen in unseren Breitengraden das Sonnenlicht als besonders wertvoll empfunden wird, die Möglichkeit der Sonneneinstrahlung durch verschattende Bauten des Vorhabens wesentlich bzw. deutlich spürbar verringert wird. Richtwerte für die Grenze des Zumutbaren existieren jedoch auch hier nicht. Im vorliegenden Verschattungsgutachten finden beide Aspekte entsprechend Berücksichtigung.
Ergebnisse
Im Folgenden wird die Betroffenheit der Gebäude in der Nachbarschaft sowie im Hinterhof hinsichtlich der Besonnungsdauer und der Veränderungen der Besonnungszeiten im Winterhalbjahr dargestellt. Die ausführliche Abwägung der Auswirkungen auf die Wohngebäude erfolgt im nachstehenden Unterkapitel „Zusammenfassende Abwägung“.
Goernestraße 7 a-c:
Szenario 1: Beim Wohngebäude Goernestraße 7 a–c (Flurstück 945 der Gemarkung Eppendorf), das nordwestlich an den Geltungsbereich des sektoralen Bebauungsplans angrenzt, sind gemäß Bauakten an der betroffenen Ostfassade ausschließlich Küchen-, Treppenhaus- und Badezimmerfenster vorhanden. Es handelt sich um durchgesteckte Wohnungen, deren Aufenthaltsräume sämtlich an der Westfassade liegen. Da somit keine Aufenthaltsräume an der Ostfassade von einer Verschattung betroffen sein können, ist eine weitergehende Bewertung dieser Fassadenseite auch bezüglich der Veränderung der Besonnungszeiten im Winterhalbjahr nicht erforderlich. Eine DIN-konforme Besonnung ist hier dennoch weiterhin gewährleistet. Auch die Ostfassade erfüllt mit einer Besonnungsdauer von über 96 Minuten unverändert die Anforderungen der DIN.
Szenario 2: Es ergeben sich gegenüber Szenario 1 keine Änderungen bzw. Verbesserungen bezüglich der Besonnungsdauer oder der Veränderung der Besonnungszeiten im Winterhalbjahr.
Goernestraße 9:
Szenario 2: Das Gebäude auf dem Grundstück Goernestraße 9 (Flurstück 525 der Gemarkung Eppendorf), welches derzeit als nicht abgängig einzuschätzen ist, verzeichnet bei Umsetzung des sektoralen Bebauungsplans an der Fensterreihe der Nordostfassade in allen Geschossen eine zusätzliche Verschattung. Die Fenster werden allerdings auch im Bestand gesamtheitlich nicht DIN-konform besonnt. Hier ist ebenso eine starke Abnahme der Besonnungszeiten im Winterhalbjahr zu verzeichnen. Bei den betroffenen Räumen handelt es sich allerdings um Küchen. Laut Bauakte sind die Wohnungen durchgesteckt und verfügen über Aufenthaltsräume an der Südfassade (Richtung Goernestraße). Die Aufenthaltsräume werden hier am 20. März nicht durch das Neubauvorhaben verschattet, so dass insgesamt eine DIN-konforme Besonnung gewährleistet bleibt.
Goernestraße 11a:
Szenario 1: Das Gebäude Goernestraße 11a im Hinterhof des Gebäudes Goernestraße 11 (Flurstück 526 der Gemarkung Eppendorf) ist derzeit ungenutzt. Gemäß den weiterhin geltenden Festsetzungen des Baustufenplans zur Art der baulichen Nutzung wäre hier sowohl Wohnen als auch nicht störendes Gewerbe zulässig. Ob eine Reaktivierung des leerstehenden Gebäudes stattfindet und welche Nutzung im Detail angestrebt wird, ist derzeit nicht bekannt.
Das Verschattungsgutachten zeigt, dass bei Umsetzung des sektoralen Bebauungsplans das Erdgeschoss nicht mehr DIN-konform besonnt würde. Das 1. Obergeschoss erreicht mit ca. 93 Minuten jedoch weiterhin die Mindestbesonnungsdauer – ebenso wie die darüber liegenden Geschosse (96-176 Minuten). Die Besonnungsdauer reduziert sich im Rahmen der Umsetzung des sektoralen Bebauungsplans insgesamt deutlich. Am 20. März sind Abnahmen der direkten Sonneneinstrahlung von bis zu 173 Minuten festzustellen. Im Winterhalbjahr beträgt die Besonnungsabnahme zwischen 73 und 100 Prozent, sodass das Gebäude in den Monaten Oktober bis Februar keine direkte Besonnung erhält. Die deutlichen Abnahmen der direkten Sonneneinstrahlung im Winterhalbjahr stellen potenziell eine wesentliche Beeinträchtigung der Belichtung dar. Im Unterkapitel „Zusammenfassende Abwägung“ wird dazu Stellung bezogen.
Szenario 2: Es ergeben sich gegenüber Szenario 1 keine wesentlichen Änderungen bzw. Verbesserungen bezüglich der Besonnungsdauer oder der Veränderung der Besonnungszeiten im Winterhalbjahr.
Goernestraße 13a:
Szenario 1: Das gewerblich genutzte Gebäude Goernestraße 13a im Hinterhof der Goernestraße 13 (Flurstück 547 der Gemarkung Eppendorf) wird durch das Neubauvorhaben überwiegend an der südlichen Ostfassade verschattet. Es sind insbesondere im südlichen Bereich Besonnungsabnahmen von bis zu 219 Minuten im Erdgeschoss festzustellen.
Bei der Beurteilung der Verschattung von gewerblichen Räumen ist zu beachten, dass eine direkte Besonnung von Arbeitsstätten bzw. gewerblich genutzten Räumen nach Arbeitsstättenverordnung nicht erforderlich ist. Somit sind keine gesetzlichen oder normativen Vorgaben für eine direkte Besonnung abzuleiten. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass gesunde Arbeitsverhältnisse auch ohne eine direkte Besonnung erreicht werden können, etwa durch eine künstliche Belichtung der Arbeitsräume in Kombination mit einer in Bezug auf die Besonnung und Belichtung günstigen Positionierung von Pausenräumen und Kantinen.
Die Gebäude Goernestraße 13 und Goernestraße 13a befinden sich im Eigentum des gleichen Grundeigentümers. Eine bauliche Sicherung der gewerblichen Hauptnutzung im Hinterhof findet über den Bebauungsplan nicht statt. Im Rahmen der Angebotsplanung ist dementsprechend eine differenzierte Betrachtung auf Ebene der Baugenehmigung möglich. Es ist jedoch gesamtheitlich von der Wahrung gesunder Arbeitsverhältnisse auszugehen.
Szenario 2: Wie zuvor ausgeführt ist die DIN 17037 für gewerbliche Räume nicht unmittelbar heranzuziehen – dient hier aber zu Vergleichszwecken als Grundlage. Gegenüber dem Szenario 1 ergeben sich leichte Verbesserungen bei der Besonnungsdauer. Eine DIN-konforme Besonnung kann jedoch weiterhin lediglich bei einem betroffenen Fenster im 1. OG erreicht werden. Ansonsten bleiben die Fensterfronten gleichermaßen DIN-konform bzw. nicht-DIN-konform besonnt.
Knauerstraße 1:
Szenario 2: Das Gebäude auf dem Grundstück Knauerstraße 1 (Flurstück 529 der Gemarkung Eppendorf), wird derzeit als nicht abhängig eingestuft. Das Wohngebäude wird durch das geplante Bauvorhaben an der Nordwest- und seitlichen Südfassade verschattet. Allerdings waren hier die Besonnungswerte bereits im Bestand durchgehend nicht DIN-konform. Im Winterhalbjahr ergeben sich an der Südfassade im Erdgeschoss und an der Nordwestfassade im 2. Obergeschoss Mehrverschattungen. Es handelt sich gemäß Bauakte insgesamt um eine zusammenhängende Wohneinheit, sodass auch Aufenthaltsräume an der Südostfassade zur Knauerstraße angeordnet sind. Diese wird unverändert DIN-konform besonnt und hat im Winterhalbjahr bei den Aufenthaltsräumen keine Abnahmen zu verzeichnen.
Knauerstraße 7 - 11:
Szenario 1: Die Aufenthaltsräume an der Nordwestfassade des Wohngebäudes Knauerstraße 7-11 (Flurstücke 817, 818, 821 der Gemarkung Eppendorf), das an den Geltungsbereich angrenzt, werden weder im Bestand noch nach einer vollständigen Umsetzung des Planungsrechts DIN-konform besonnt. Die Nordwestfassade ist im Winterhalbjahr auch nicht durch zusätzliche Verschattung betroffen. Gemäß Bauakte handelt es sich um durchgesteckte Wohnungen mit weiteren Aufenthaltsräumen zur straßenseitigen Südostfassade. Diese Aufenthaltsräume sind vom potenziellen Neubau nicht betroffen und werden weiterhin ausreichend besonnt.
Szenario 2: Es ergeben sich gegenüber Szenario 1 bezüglich der Besonnungsdauer sowie der Veränderung der Besonnungszeiten im Winterhalbjahr keine Verbesserungen bzw. Änderungen.
Knauerstraße 11 a - c:
Szenario 1: Bei dem Gebäude Knauerstraße 11 a-c (Flurstück 821 der Gemarkung Eppendorf) handelt es sich ebenfalls um ein Wohnhaus mit durchgesteckten Wohnungen. Die Nordwestfassade wird bereits im Bestand aufgrund der Fassadenausrichtung nur max. 9 Minuten im 2. OG (11c) und ansonsten gar nicht besonnt. Im Winterhalbjahr ist diese Fassadenseite kaum durch zusätzliche Verschattung betroffen. Die Besonnungsdauer reduziert sich geringfügig im 2. OG der Hausnummern 11b und 11c. Durch die bereits sehr geringe Besonnung im Bestand (9 Minuten), die sich infolge der Planung weiter reduziert, ergibt sich eine Besonnungsabnahme im Winterhalbjahr an zwei Messpunkten von bis zu 100 Prozent. Die Aufenthaltsräume der Wohnungen liegen überwiegend an der Südostfassade. Insgesamt werden die Fensterbereiche, die bereits im Bestand DIN-konform bzw. nicht DIN-konform besonnt wurden, auch nach einer Bebauung gemäß sektoralem Bebauungsplan DIN-konform bzw. nicht DIN-konform besonnt. An der Südostfassade ist ausschließlich die Knauerstraße 11c erheblich von Mehrverschattung betroffen, wobei die Ausgangswerte bereits sehr gering sind. Es sind max. Abnahmen von ca. 28 Minuten (11c, EG) an der Südostfassade zu verzeichnen. Im Unterkapitel „Zusammenfassende Abwägung“ wird weiterführend auf die abwägungserheblichen Verschattungswirkungen eingegangen.
Szenario 2: Es ergeben sich gegenüber Szenario 1 bezüglich der Besonnungsdauer an den Fassaden der Knauerstraße 11 a - c keine Verbesserungen bzw. Änderungen. Bei der Veränderung der Besonnungszeiten im Winterhalbjahr ergeben sich durch das Szenario 2 insgesamt geringere Veränderungen. Für das Fenster im 2. OG der Nr. 11 b an der Nordwestfassade ergibt sich eine Verbesserung. Hier liegt die prozentuale Abnahme statt bei -90 bis -100% im Szenario 1 lediglich bei -20% im Szenario 2. An der Südfassade ergeben sich für die Nr. 11c ebenfalls geringere Veränderungen der Besonnung im Winterhalbjahr. Die Besonnungsabnahmen (im Vergleich zur Bestandssituation) betragen lediglich -55% (EG) und -49 % (1. OG) statt -96% (EG) und -74% (1. OG) im Szenario 1.
Schrammsweg 14 b - c:
Szenario 1: Die nördlichen Gebäude Schrammsweg 14 b und c (Flurstück 152 der Gemarkung Eppendorf) werden am 20. März unverändert DIN-konform besonnt. Das nördliche Wohngebäude Schrammsweg 14 b und c wird im Winterhalbjahr durch die tiefstehende Sonne in den unteren Geschossen im Winterhalbjahr bis zu 49 Prozent (14c, EG) geringer besonnt. Laut Bauakten handelt es sich bei den betroffenen Wohnungen um durchgesteckte Wohnungen. Diese verfügen über weitere Aufenthaltsräume, die keine oder eine geringe Betroffenheit durch Verschattung aufweisen. Diese Westfassaden wurden im Gutachten aufgrund nicht zu erwartender Betroffenheit nicht näher untersucht.
Szenario 2: Es ergeben sich gegenüber Szenario 1 keine Änderungen bzw. Verbesserungen bezüglich der Besonnungsdauer. Auch bei der Veränderung der Besonnungszeiten im Winterhalbjahr ergeben sich keine wesentlichen Abweichungen.
Zusammenfassende Abwägung
Die Untersuchung der Verschattungswirkung nach DIN EN 17037 hat im Vergleich zur aktuellen Bestandssituation insgesamt geringfügige Abnahmen der Besonnungsdauer ergeben. Bei den Wohnungen, die von einer zusätzlichen Verschattung betroffen sind, wird eine DIN-konforme Besonnung gewährleistet, da es sich um durchgesteckte Wohnungen mit Aufenthaltsräumen an unterschiedlichen Fassadenseiten handelt. Dadurch erhalten die Räume ausreichend Sonnenlicht, sodass insgesamt eine angemessene Tageslichtversorgung sichergestellt ist. Die Mindestanforderung der DIN EN 17037 von mindestens 90 Minuten Besonnung zur Tag- und Nachtgleiche (20. März) in mindestens einem Aufenthaltsraum wird daher bei den meisten Wohnungen erfüllt. Dort, wo die Besonnung im Bestand bereits unter 90 Minuten liegt, ändern sich die Werte durch die Verschattung vielfach kaum oder nur sehr geringfügig. Bei einer maximalen Ausnutzung der gemäß sektoralem Bebauungsplan möglichen Dichte sind die vorderen und hinteren bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen zu den umliegenden Wohngebäuden eingehalten.
Es lassen sich für die Gebäude Knauerstraße 11b-c und Goernstraße 11a abwägungserhebliche Betroffenheiten für die Veränderung der Besonnungszeiten im Winterhalbjahr sowie für das Gebäude Goernestraße 11a zusätzlich abwägungserhebliche Betroffenheiten für die Besonnungsdauer am 20. März feststellen.
Die betroffenen Bereiche an der Südostfassade der Knauerstraße 11b-c lagen allerdings bereits im Bestand unterhalb der in der DIN EN 17037 empfohlenen Besonnungsdauer. Die zusätzliche Verschattung schafft daher keine qualitativ neue Situation. Aufgrund der ohnehin niedrigen Besonnungsdauer an der Nordwestfassade sind auch die Veränderungen der Besonnungszeiten im Winterhalbjahr als unerheblich und äußerst gering zu werten. Im Szenario 2 (verzögerte Entwicklungsperspektive für Knauerstraße 1) ist eine leichte Verbesserung - insbesondere für die Südostfassade - festzustellen. Es ergeben sich keine Überschneidungen mit den abstandsrechtlichen Vorgaben der Landesbauordnung für den durch den sektoralen Bebauungsplan vorgesehenen Neubau.
Für das Gebäude im Innenhof der Goernestraße 11 (Goernestraße 11a) empfiehlt das Gutachten, bei einer möglichen Umnutzung zu Wohnzwecken die Grundrisse so zu gestalten, dass jede Wohnung mindestens einen Aufenthaltsraum mit einer DIN-gerechten Mindestbesonnung aufweist. Potenziell sind die vorhandenen Wohneinheiten überwiegend durchgesteckt. Das Treppenhaus ist an der Südwestfassade verortet. Fenster an den Gebäudeseiten sind an der hinteren wie auch an den seitlichen Fassaden vorhanden. Die Gebäude Goernestraße 11 und 11a befinden sich im Eigentum desselben Grundeigentümers. Eine bauliche Sicherung der Hauptnutzung im Hinterhof erfolgt über den Bebauungsplan nicht. Im Rahmen einer Angebotsplanung ist daher eine differenzierte Betrachtung auf Ebene der Baugenehmigung möglich. Es ist jedoch insgesamt davon auszugehen, dass gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt werden können. Abstandsflächenüberlappungen mit dem durch den sektoralen Bebauungsplan ermöglichten Neubau ergeben sich nicht.
Bei der Beurteilung der Erheblichkeit der festgestellten Mehrverschattungen sowie der voraussichtlichen Einschränkungen in der Sonnenlichtversorgung einzelner Wohneinheiten ist generell zu prüfen, ob die Planrechtschaffung eine erdrückende Wirkung entfaltet und ob das bauleitplanerische Rücksichtnahmegebot eingehalten wurde. Bei Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen und der Orientierungswerte des § 17 BauNVO geht der Gesetzgeber in der Regel davon aus, dass gesunde Wohnverhältnisse (z.B. Sozialabstand, Freiraumversorgung, Belichtung, Belüftung, Besonnung) vorliegen.
Die Orientierungswerte des § 17 BauNVO dürfen überschritten werden, wenn die städtebauliche Gesamtsituation dies rechtfertigt. Der vorliegende sektorale Bebauungsplan ist nicht eindeutig einer Baugebietskategorie der BauNVO zuzuordnen. Er dient vordergründig der Wohnraumschaffung. Die umgebende städtebauliche Struktur, die sich nun im Geltungsbereich des sektoralen Bebauungsplans fortsetzen kann, weist Merkmale eines „Urbanen Gebiets“ gemäß § 6a BauNVO auf. Daran gemessen würden die Orientierungswerte unterschritten.
Würde das Plangebiet den Orientierungswerten eines Allgemeinen Wohngebiets (§ 4 BauNVO) unterliegen, so wären diese gemäß § 17 BauNVO überschritten. Im vorliegenden Fall ist diese Überschreitung auf die beabsichtigte Innenentwicklung und die Schaffung zusätzlichen Wohnraums gemäß § 9 Abs. 2d BauGB zurückzuführen. Dabei ist hervorzuheben, dass der sektorale Bebauungsplan laut aktueller Kommentierung nicht an die Orientierungswerte der BauNVO bzw. Obergrenzen zum Maß der baulichen Nutzung gebunden ist.10 Vielmehr ist der sektorale Bebauungsplan ersichtlich dafür angelegt, eine hohe bauliche Dichte zum Zweck der Wohnraumschaffung zu erreichen. Die Anwendung dieses Instruments erfolgt folglich in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben und dient der zielgerichteten Förderung der Innenentwicklung sowie der Schaffung von zusätzlichem Wohnraum.
Die bauordnungsrechtlich erforderlichen Abstandsflächen zur umliegenden Wohnbebauung werden durch den potenziellen Neubau eingehalten. Damit bleiben die nachbarschützenden Mindestanforderungen an Belichtung, Belüftung und Besonnung gewahrt. Auch bei den durch das Verschattungsgutachten ermittelten Mehrverschattungen ist aufgrund der Abstandsflächeneinhaltung und der vorhandenen städtischen Struktur nicht von einer erdrückenden Wirkung auf die Nachbarbebauung auszugehen. Nach der Rechtsprechung der Hamburgischen Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. z. B. OVG Hamburg, Urteil vom 31.10.2014, Az.: 2 Bs 180/14, sowie Beschluss vom 6.11.2019, Az.: 2 Bs 218/19) ist in der Regel davon auszugehen, dass bei Einhaltung der Abstandsflächen auf dem eigenen Grundstück unzumutbare Beeinträchtigungen der Besonnung für Nachbarn ausgeschlossen werden können.
Zudem wird im Bebauungsplan eine bauliche Verfestigung der bestehenden Hinterhofnutzung nicht planungsrechtlich gesichert. Dadurch bleibt langfristig Raum für eine Verbesserung der Aufenthalts- und Gestaltungsqualitäten im Blockinnenbereich. Diese planerische Zurückhaltung trägt zusätzlich dazu bei, einer erdrückenden Wirkung vorzubeugen und die Entfaltung städtebaulich verträglicher Strukturen zu fördern.
Die Frage der Zumutbarkeit der entstehenden Mehrverschattung ist zudem unter Berücksichtigung des bauleitplanerischen Gebots der Rücksichtnahme zu bewerten. Das Gebot der Rücksichtnahme bedeutet in innerstädtischen Lagen gemäß der geltenden Rechtsprechung jedoch nicht, dass alle Fenster eines Hauses bzw. das ganze Jahr über optimal durch Sonnenstrahlen belichtet werden (OVG Münster, Urteil vom 30. Mai 2017 - 2 A 130/16 - juris Rn. 56f). In diesem Urteil wird festgestellt, dass die seinerzeit angewendeten Zielwerte der technischen Norm DIN 5034 zur Besonnung von Aufenthaltsräumen an bestimmten Stichtagen nicht als verbindliche Grenzwerte für die Einhaltung des Rücksichtnahmegebots anzusehen sind, weil es dafür an einer entsprechenden Rechtsgrundlage fehlt. Das Gutachten bewertet die Besonnungsverhältnisse der Bestandsgebäude angesichts der Lage in einem verdichteten Stadtraum und der vorliegenden städtebaulichen und stadträumlichen Situation gesamtheitlich als ausreichend. Dieser Sachverhalt ist ebenso auf die Werte der zwischenzeitlich eingeführten DIN EN 17037 zu übertragen, die die Aussagen zur Verschattung aus der DIN 5034 weiter qualifiziert hat.
Zudem wird das städtebauliche Ziel verfolgt, den vorhandenen Blockrand in ortsangemessener Weise zu schließen und eine maßvolle Nachverdichtung im Innenbereich umzusetzen. Durch die Schaffung von dringend benötigtem, zusätzlichem Wohnraum in einem hoch nachgefragten innerstädtischen Quartier wird einem zentralen öffentlichen Interesse entsprochen. Die durch das Vorhaben ausgelösten Verschattungswirkungen sind im Rahmen der gebotenen Abwägung hinzunehmen, zumal gesunde Wohnverhältnisse im Sinne des Baugesetzbuchs weiterhin gewährleistet sind.
Der Umstand, dass nicht für alle Wohnungen eine DIN-konforme Besonnung gewährleistet wird, ist für die vorliegende Situation in einem verdichteten urbanen Stadtraum keine Seltenheit, sondern im innerstädtischen Kontext regelhaft anzutreffen. Die eingeschränkte Besonnung einiger Wohneinheiten der Bestandsbebauung wird aufgrund der generell verfolgten und bereits mehrfach benannten planerischen und städtebaulichen Zielsetzungen von Seiten des Senats und des Bezirks sowie im Hinblick auf die Versorgung der Bevölkerung mit zusätzlichem Wohnraum in einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt im Sinne des § 201a BauGB sowie des § 556d Absatz 2 BGB als hinnehmbar und vertretbar eingestuft.
Variantenuntersuchung
Um die getroffene Abwägungsentscheidung ergänzend zu überprüfen bzw. zu stützen, wurde – zusätzlich zu den Szenarien 1 und 2 – eine weitere Verschattungsuntersuchung (Variantenuntersuchung) durchgeführt, die bewertet, ob sich wesentliche Verbesserungen für die Besonnungsdauer und die Veränderung der Besonnungszeiten im Winterhalbjahr ergeben, sofern der sektorale Bebauungsplan auf die Festsetzung des obersten 5. Geschosses entlang der Goernestraße verzichtet bzw. die Gebäudehöhe um 3 m reduziert wird. Im Folgenden werden die Untersuchungsergebnisse dargestellt. Im Fokus stehen insbesondere die Gebäude Goernestraße 11a und Knauerstraße 11b-c, da sich hier bei Umsetzung des Bebauungsplans abwägungsrelevante Veränderungen ergeben würden.
Für das Gebäude Goernestraße 11a hätte eine Reduzierung der Gebäudehöhe von fünf auf vier Vollgeschosse positive Auswirkungen. Eine DIN-konforme Besonnung kann jedoch im Erdgeschoss nur an den westlichen Fenstern erreicht werden. Im Winterhalbjahr wird das Gebäude im Vergleich zwar mehr besonnt, jedoch bleiben die Abnahmen weiterhin bei über 50 Prozent. Eine erhebliche Verbesserung durch eine Geschossreduzierung um 3,0 m ist nicht gegeben. Zwischen Mitte Oktober und Anfang März gibt es keinen wesentlichen Unterschied in den Varianten für das Erdgeschoss. Bei der fünfgeschossigen Variante ist eine Besonnung des Erdgeschossfensters links mit 90 Minuten ab dem 05. April gegeben.
Für das Gebäude Knauerstraße 11b ergibt sich lediglich im 2. OG an der Nordwestfassade eine leichte Verbesserung bei der Besonnungsdauer (Zunahme um ca. 6 Min am 20. März) – eine DIN-konforme Besonnung wird aber nach wie vor nicht erreicht. An der Nordostfassade bleibt die Besonnungsdauer unverändert. Eine Verbesserung der Besonnungszeiten im Winterhalbjahr ist infolge der ergänzenden Planungsvariante nicht festgestellt worden.
Insgesamt sind die positiven Auswirkungen auf die Besonnung der Umgebungsgebäude infolge einer Geschossreduzierung von fünf auf vier Vollgeschosse gering. Dementsprechend stünde der Verzicht in keinem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Planungsziel des sektoralen Bebauungsplans (Erhöhung der Wohnbauflächen). Durch den Wegfall des 5. Geschosses würden ca. 1.000 m² an Bruttogrundfläche (BGF) für Wohnraum entfallen. Demgegenüber umfasst das Erdgeschoss der Goernestraße 11a lediglich eine Grundfläche von 130 m². Die eingeschränkte Besonnung - insbesondere im Erdgeschoss der Goerrnestraße 11a - wird vor dem Hintergrund der planerischen und städtebaulichen Zielsetzungen des Senats und des Bezirks sowie angesichts der Notwendigkeit, zusätzlichen Wohnraum in einem angespannten Wohnungsmarkt bereitzustellen (§ 201a BauGB, § 556d Absatz 2 BGB), als vertretbar und akzeptabel eingestuft.
Sollte das Gebäude Goernestraße 11a wieder in Betrieb genommen werden und nicht abgängig sein, können die Grundrisse der Wohnungen so gestaltet werden, dass jede Wohnung mindestens ein Aufenthaltsraum mit ausreichend Besonnung erhält. Zudem können gewerbliche Nutzung im Erdgeschoss untergebracht oder durch die Anlage von Maisonette-Grundrissen oder größere Fensterflächen im Erdgeschoss ausreichende Besonnungszeiten erreicht werden.
Die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen zwischen dem potenziellen Neubau und der betroffenen umliegenden Wohnbebauung werden eingehalten. Nach gängiger Praxis in der derzeitigen bundesweiten Rechtsprechung besteht kein Anspruch bezüglich einer gewissen Dauer oder Qualität der Besonnung und Belichtung. Werden die Abstandsflächenvorschriften eingehalten, sind mögliche Verringerungen des Lichteinfalls bzw. eine weiter zunehmende Verschattung in aller Regel im Rahmen der Veränderung der baulichen Situation in bebauten Ortslagen und insbesondere in dicht bebauten innerstädtischen Bereichen grundsätzlich hinzunehmen.
Zusammenfassend ist die Verschattung bei Umsetzung des sektoralen Bebauungsplans mit einer baulichen Dichte von fünf Vollgeschossen als vertretbar zu bewerten, da die bauordnungsrechtlichen Vorgaben eingehalten werden, die planerischen Ziele Vorrang haben und die Nachteile teilweise durch geeignete Maßnahmen abgemildert werden können.