Mit Blick auf die geplante bauliche Verdichtung des Plangebiets wurde ein Verschattungsgutachten angefertigt. Als Untersuchungsgegenstand wurden die bestehenden Wohngebäude Holsteiner Chaussee 347-361 und Ellerbeker Weg 1-15 innerhalb des Plangebiets und somit angrenzend an den geplanten Schulcampus identifiziert (Umgebungsverschattung). Die Eigenverschattung der nach dem Bebauungsplan Schnelsen 97 möglichen Kubaturen in der Gemeinbedarfsfläche ist nicht Gegenstand der Untersuchung.
Bei der Beurteilung der Besonnungssituation ist zu berücksichtigen, dass für städtebauliche Planungen keine planungs- oder bauordnungsrechtlich verbindlichen Maßstäbe bzw. Definitionen einer ausreichenden Belichtung und Besonnung bestehen. Rechtsverbindliche Grenzwerte hinsichtlich der Besonnungsdauer existieren nicht. In Ermangelung von Grenz- oder Richtwerten wird als technisches Regelwerk zur Ermittlung und Bewertung der Tageslichtversorgung die europäische Richtlinie DIN EN 17037:2019-03 „Tageslicht in Gebäuden“ herangezogen, die Anforderungen an Mindestbesonnungszeiten für gesundes Wohnen und Arbeiten formuliert und als neu eingeführte europäische Norm die bislang angewendete DIN-Norm 5034-1 (Tageslicht in Innenräumen) in diesem Punkt ablöst.
Als Nachweisgröße für eine ausreichende Besonnung verwendet die DIN EN 17037 die Dauer der möglichen Besonnung an einem ausgewählten Datum zwischen dem 1. Februar und dem 21. März. Der Nachweisort für die Besonnung liegt auf „der inneren Oberfläche der Öffnung“ und in der Mitte des Fensters in einer Höhe von mindestens 1,20 m über dem Fußboden und 0,30 m über der Fensterbrüstung. Dabei wird empfohlen in mindestens einem Wohnraum der Wohnung die Empfehlungen der Besonnung sicherzustellen. Die DIN EN 17037 ordnet die ermittelte Besonnungsdauer folgenden Empfehlungsstufen zu:
Empfehlungsstufe Besonnungsdauer
Gering 1,5 Stunden
Mittel 3,0 Stunden
Hoch 4,0 Stunden
Diese Werte haben allerdings den Charakter einer Empfehlung. Die Rechtmäßigkeit der konkreten planerischen Lösung beurteilt sich ausschließlich nach den Maßstäben des Abwägungsgebots.
Als Mindestvoraussetzung für eine ausreichende Tageslichtversorgung im Innenraum und somit als ermittelbare Nachweisgröße für eine noch ausreichende Besonnung ist gemäß Handreichung der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen „Einheitliche Standards für Verschattungsstudien im Rahmen von Bebauungsplanverfahren und Hinweise für die Abwägung“ die Dauer der möglichen Besonnung von mind. 90 Minuten zur Tag- und Nachtgleiche anzustreben. Eine wesentliche Verschattung liegt insbesondere vor, wenn Wohnungen, die bisher eine Mindestbesonnung von 90 Minuten zur Tag- und Nachtgleiche gemäß DIN EN 17037 erhalten, diesen Wert infolge der Planung nicht mehr erreichen. Ebenso gilt dies, wenn Wohnungen, die bereits keine Mindestbesonnung von 90 Minuten aufweisen, durch die Balkone mehr als 10 % ihrer bisherigen Sonneneinstrahlung verlieren. Darüber hinaus liegt eine wesentliche Verschattung vor, wenn sich die Besonnung von Aufenthaltsräumen in Wohnungen im Winterhalbjahr (Tag- und Nachtgleiche im September bis zur Tag- und Nachtgleiche im März) um mehr als ein Drittel verringert.
Besonnungssituation im Plangebiet, außerhalb der Gemeinbedarfsfläche (Umgebungsverschattung)
Wohnen
Die Untersuchungen zeigen, dass sich im Vergleich zur aktuellen Bestandssituation nur geringfügige Abnahmen in der Besonnungsdauer ergeben: Für die Bestandsgebäude Ellerbeker Weg 1-15 und Holsteiner Chaussee 347-361 a-e kann für diejenigen Wohnungen, die bereits im Bestand eine ausreichende Besonnung nach DIN EN 17037 aufweisen, auch infolge der möglichen Neubebauung des Schulcampus eine DIN-konforme Besonnung von mindestens einem Aufenthaltsraum nachgewiesen werden. Im Erdgeschoss an der Westfassade des Gebäudes Holsteiner Chaussee 347 (Hotel) wird ein Raum (laut Grundriss Konferenzraum) durch die mögliche Neubebauung mit 76 Minuten nicht mehr DIN-konform besonnt.
Die Winterhalbjahresbetrachtung – ob eine zusätzliche Verschattungswirkung als erheblich einzustufen ist, d.h. eine relative Veränderung der Besonnungszeiten im sonnenarmen Winterhalbjahr von über einem Drittel auftritt – ergab, dass der Großteil der Umgebungsgebäude keine oder nur geringe Abnahmen in der Besonnungsdauer aufweisen werden. Eine Erdgeschosswohnung an der Holsteiner Chaussee 357 (lt. Grundriss Wohnung 2) weist zwar eine Abnahme von ca. 40,0 % auf, jedoch wird der Aufenthaltsraum über die gut besonnte Südfassade DIN-konform besonnt. Zudem wird die Südfassade mehr besonnt als zur Bestandssituation bzw. im Vergleich zur möglichen Bebauung gemäß dem Bebauungsplan Schnelsen 12. Des Weiteren werden die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen deutlich eingehalten. Ähnlich ist es beim Wohngebäude Ellerbeker Weg 3, das an mehreren Fassadenausrichtung gut besonnt wird.
Eine erhebliche Besonnungsabnahme im Winterhalbjahr zeigt sich jedoch an der Süd- und Westfassade des Gebäudes Holsteiner Chaussee 347 (Hotel). Im Vergleich mit der Verschattungswirkung des Bebauungsplans Schnelsen 12, welches eine zweigeschossige Bebauung mit Staffelgeschoss zulässt, sind an der Westfassade an einzelnen Fenstern Besonnungsabnahmen zwischen 35,0 und 64,0 % und an der Südfassade bis zu 87 % zu verzeichnen.
Die Besonnungsabnahme im Winterhalbjahr an der Westfassade des Hotels betrifft insbesondere vier Fenster des Hotels (drei im Erdgeschoss und eins im 1. Obergeschoss). Die geplante Bebauung hält jedoch nicht nur die gesetzlich vorgeschriebenen Tiefen der Abstandsflächen ein, sondern überschreitet diese mit mehr als der dreifachen Abstandsfläche deutlich. Laut Verschattungsgutachten liegt bei drei Fenstern die Besonnungsabnahme nur geringfügig über dem als kritisch angesehenen Schwellenwert von 33 %. Lediglich ein Fenster weist eine deutlichere Abnahme der Besonnung auf, betrifft jedoch einen Konferenzraum. Sollte das Hotel künftig zu Wohnzwecken umgenutzt werden, müsste dieses Fenster jedoch nicht als einziges Fenster eines neu zu bildenden Wohnraums dienen. Insgesamt wird die Besonnungsabnahme im Winterhalbjahr daher als städtebaulich vertretbar bewertet.
An der Südfassade des Hotels sind stärkere Verschattungen zu erwarten, wobei die erforderliche Tiefe der Abstandsfläche des Eingangsgebäudes der Schule nach Norden an der engsten Stelle eingehalten ist und ansonsten das erforderliche Maß überschreitet . Zusätzlich ist städtebaulich zu berücksichtigen, dass Fassaden, die sich im Bereich seitlicher Abstandsflächen befinden, insbesondere im Winterhalbjahr und in verdichteten Lagen, üblicherweise eine geringere Besonnung aufweisen und Aufenthalträume von Wohngebäuden eher zu den vorderen und rückwärtigen Fassadenseiten ausgerichtet werden. Die Verschattungssituation wird daher insgesamt als zumutbar und städtebaulich vertretbar bewertet.
Freiflächen (Balkone, Gärten und Terrassen)
Da es keine festen Grenzwerte für die Besonnung von Freiräumen und Balkonen gibt, wurden vergleichende Analysen für acht Stichtage im Jahr durchgeführt. Betrachtet wurde jeweils die Besonnungssituation im Bestand, nach dem Bebauungsplan Schnelsen 12 und nach dem Entwurf des Bebauungsplans Schnelsen 97.
Im Ergebnis kommt es vor allem im Winter zu deutlichen Besonnungsabnahmen in den rückwärtigen Gärten der Grundstücke Ellerbeker Weg 1–7 und in geringerem Umfang auch bei Ellerbeker Weg 9–15, wobei Letztere ohnehin stark durch den bestehenden Baumbestand verschattet sind. In Frühling und Herbst sind auch die östlich angrenzenden Gärten an der Holsteiner Chaussee 353 betroffen. Im Sommer bleiben alle Freiflächen ausreichend besonnt. Insgesamt bestehen vor allem im Winter Einschränkungen, während im sommerlichen Hauptnutzungszeitraum weiterhin gute Bedingungen vorliegen. Die Besonnung der Balkone bleibt durch den Bebauungsplan-Entwurf Schnelsen 97 insgesamt meist erhalten oder wird nur gering beeinträchtigt. Nur die Balkone der Gebäude Ellerbeker Weg 5 und 7 erhalten am 21. Dezember zeitweise keine direkte Sonne. Der Freiraum des Hotels (Holsteiner Chaussee 347) ist hingegen ganzjährig von Mehrbeschattung betroffen. Bei den Balkonen zeigt sich für dieses Gebäude eine relevante Zusatzverschattung im Winterhalbjahr.
Gesamtbetrachtung und Maßnahmen zur Minimierung der Verschattungswirkung
Im Rahmen der Abwägung wird die Besonnungssituation mit Blick auf die den künftigen Schulcampus umgebende Wohnbebauung als vertretbar eingestuft, da gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht gefährdet werden. Gleichzeitig wäre eine Umplanung nicht verhältnismäßig. Die geplante Nachverdichtung der Wohnbebauung im Plangebiet trägt zu dem dringend benötigten Wohnraumbedarf bei und fügt sich behutsam in die Bestandssituation ein.
Aufgrund der festgestellten Verschattungswirkung mit einer Bebauung nach Bebauungsplan-Entwurf Schnelsen 97 auf die Westfassade des Hotels (Holsteiner Chaussee 347), wurde anhand von visualisierten Sonnenstrahlen überprüft, welcher Teil der geplanten Kubatur für die zusätzliche Verschattung im Winterhalbjahr maßgeblich ist. Die Sonnenstrahlenanalyse zeigt, dass obwohl die erforderlichen Tiefen der Abstandsflächen eingehalten werden, die Kubatur des B-Plan-Entwurfs Schnelsen 97 um mindestens ein Geschoss reduziert werden müsste, um die Besonnungszeit des Hotels deutlich zu verbessern.
Um eine Verschattung der angrenzenden sowie künftigen, durch Nachverdichtung entstehenden Wohnbebauung zu minimieren, wurden in Ergänzung zu zurückgesetzten Baugrenzen die im Plan mit (B) markierten Flächen von Dach- und Technikaufbauten entsprechend den Empfehlungen des Verschattungsgutachtens freigehalten (vgl. Ziffer 5.7).
Bestandsgebäude außerhalb des Plangebiets wurden im Verschattungsgutachten nicht betrachtet.Negative Auswirkungen durch die Planungen an der Holsteiner Chaussee sind für die Bestandsbebauung auf der anderen Straßenseite außerhalb des Plangebiets aufgrund der Breite der Straßenverkehrsfläche und der deutlichen Einhaltung der Abstandsflächen nicht zu erwarten.