Die Errichtung von Hochhäusern hat häufig Einschränkungen des Windkomforts der die Gebäude umgebenden Freiflächen zur Folge. Im Rahmen eines Windgutachtens wurden daher mit Hilfe von Strömungssimulationen die windklimatischen Verhältnisse im bodennahen Außenbereich des Bauvorhabens ermittelt. Neben dem Planzustand mit den drei geplanten Baukörpern (Nordbaukörper, Stadtregal und Südbaukörper) wurde auch der Istzustand mit der aktuellen Bebauungssituation untersucht. Anhand von meteorologischen Klimadaten und Windkanaluntersuchungen und unter Berücksichtigung der angrenzenden Umgebungsbebauung wurden die untersuchten Bereiche in Komfortstufen gemäß VDI 3787 Blatt 4 eingeordnet (siehe nachfolgende Tabelle), die bestimmten Nutzungsanforderungen zugeordnet sind. Zudem wurde das Plangebiet auf mögliche unangenehme Bereiche und Gefährdungsstellen untersucht.
Windkomfortbereich | Längeres
Sitzen oder Stehen | Kurzzeitiges Sitzen oder Stehen | Langsames Flanieren, Bummeln | Zügiges Durchqueren |
A | geeignet | geeignet | geeignet | geeignet |
B | mäßig geeignet | geeignet | geeignet | geeignet |
C | ungeeignet | mäßig geeignet | geeignet | geeignet |
D | ungeeignet | ungeeignet | mäßig geeignet | noch geeignet |
Kriterien zur Beurteilung des lokalen Windklimas auf Belästigungen durch Wind (vgl. VDI 3787 Blatt 4 – 2020)
Windkomfort im bodennahen Außenbereich im Istzustand
Windsicherheit
Das in der VDI 3787 Blatt 4 definierte Sicherheitskriterium wird für die untersuchten Bereiche im Istzustand überall eingehalten. Eine inakzeptable potentielle Gefährdung von Fußgängerinnen und Fußgängern oder Radfahrerinnen und Radfahrern im Sinne des Sicherheitskriteriums ist daher nicht gegeben.
Windkomfort im Sommerhalbjahr
Generell ist im untersuchten Gebiet mit keinen großen Geschwindigkeitsbeschleunigungen zu rechnen. Im nördlichen Bereich ist im Sommer gemäß VDI 3787 Blatt 4 größtenteils mit der Komfortklasse A, an exponierteren Stellen mit Klasse B zu rechnen. Das Gebiet eignet sich daher für einen längeren bzw. kürzeren Aufenthalt im Stehen oder Sitzen.
Im südlichen Teil ist entlang der Nordkanalstraße und an der Engstelle zwischen den beiden Gebäuden häufiger mit höheren Geschwindigkeiten zu rechnen. Dies ist insbesondere für Winde aus westlicher und nördlicher Richtung der Fall. Dies ist zum einen mit der recht freien Anströmung über die Nordkanalstraße zu begründen, zum anderen mit Beschleunigungseffekten an der Engstelle zwischen den beiden Gebäuden. An diesen Punkten wird die Komfortklasse C erreicht, welche sich noch für langsames Flanieren oder Bummeln eignet. An geschützteren Stellen am Gebäude kann mit Komfortklasse A gerechnet werden. Im restlichen Bereich ist die Klasse B zu erwarten, insbesondere unterhalb der S-Bahn-Linie und entlang der Albertstraße.
Windkomfort im Winterhalbjahr
Im nördlichen Bereich wird größtenteils die Komfortklasse B erreicht. An der nördlichen Ecke des Bestandsgebäudes verschlechtert sich der Komfort zu Klasse C. Im Windschutz der niedrigen Bestandsgebäude an der östlichen Seite wird die Komfortklasse A erreicht.
Im südlichen Areal ist in einem Teilbereich ebenfalls mit Klasse B zu rechnen. Entlang der Albertstraße ist ansonsten die Klasse C zu erwarten. An der Nordkanalstraße wird ebenfalls die Komfortklasse C, lokal auch die Klassen B und D prognostizert. In Klasse D ist der Komfort noch geeignet für Verkehrsflächen wie etwa Geh- oder Radwege.
Windkomfort im bodennahen Außenbereich im Planzustand
Windsicherheit
Das in der VDI 3787 Blatt 4 definierte Sicherheitskriterium wird für die untersuchten Bereiche im Istzustand überall eingehalten. Eine inakzeptable potentielle Gefährdung von Fußgängerinnen und Fußgängern oder Radfahrerinnen und Radfahrern im Sinne des Sicherheitskriteriums ist daher nicht gegeben.
Windkomfort im Sommerhalbjahr
Auf dem Areal rund um den Südbaukörper wird größtenteils die Komfortklasse B erreicht, welche sich für kurzzeitiges Sitzen oder Stehen eignet. Lediglich entlang der Nordkanalstraße treten, wie auch schon im Istzustand, häufiger etwas höhere Windgeschwindigkeiten auf, sodass dieser Bereich in Klasse C eingestuft wird.
Auch im nördlichen Teil des Untersuchungsgebiets wird in großen Teilen die Komfortstufe B prognostiziert, wodurch sich die Situation im Vergleich zum Istzustand sogar verbessert. Durch die Umströmung des Stadtregals auf der vorherigen Freifläche treten häufiger etwas höhere Geschwindigkeiten an der nördlichen und südlichen Ecke des Neubaus auf. Daher wird dort die Komfortklasse C prognostiziert - ebenso wie zwischen dem Nordbaukörper und dem Stadtregal unterhalb der S-Bahn-Linie. Auch im Bereich der Arkaden im Südbaukörper ist mit Strömungsbeschleunigungen, insbesondere aus nördlichen Richtungen, zu rechnen. Hierdurch wird der Windkomfort ebenfalls in die Klasse C eingestuft. Klasse C eignet sich z.B. für Eingänge und Ladenzeilen. Einzelne Stellen, wie etwa an der südlichen Seite des Stadtregals, sind windgeschützter, sodass dort mit Klasse A zu rechnen ist.
Windkomfort im Winterhalbjahr
Im südlichen Bereich ist im Winter mit der Komfortklasse B und C zu rechnen. Am Südbaukörper ist entlang der Nordkanalstraße mit Klasse C zu rechnen, lokal auch mit Klasse D, wie auch schon für die Bestandsbebauung. Klasse D eignet sich noch für Verkehrsflächen wie Geh- oder Radwege. Der Komfort entlang der Albertstraße ist im Vergleich dazu etwas besser und kann in die Klassen B bis C eingestuft werden. Der östliche Bereich einschließlich der Arkaden ist windgeschützt. Dort wird die Komfortklasse B erreicht, was sich für einen kurzzeitigen Aufenthalt eignet. Lediglich unterhalb der S-Bahn-Linie treten wieder etwas häufiger höhere Geschwindigkeit auf, sodass auch dort die Klasse C erreicht wird.
Um den Nordbaukörper und das Stadtregal stellt sich größtenteils die Klasse C ein. Unterhalb der S-Bahn-Linie ist lokal auch mit der Klasse D zu rechnen. Dort ist ein problemloses Fortbewegen jedoch noch möglich. An einzelnen windgeschützteren Stellen werden lokal die Klassen A und B erreicht, wie etwa im südöstlichen Bereich des Stadtregals.
Fazit: Vergleich von Ist- und Planzustand
Das Sicherheitskriterium konnte an allen Untersuchungspunkten sowohl im Ist- als auch im Planzustand eingehalten werden, sodass eine generelle potentielle Gefährdung für Passanten oder Radfahrerinnen und Radfahrer im Sinne der angegebenen Kriterien nicht gegeben ist.
Trotz des im Vergleich zum Bestandsgebäude ca. 15 m höheren Südbaukörpers stellt sich entlang der Albertstraße, der Nordkanalstraße und unterhalb der S-Bahn-Linie im Ist- und Planzustand ein vergleichbarer Windkomfort ein. Im Sommer herrscht dort tendenziell eher die Windkomfortklasse B und im Winter C. Lediglich im östlichen Bereich ist im Planzustand die Klasse B zu erwarten, wohingegen im Istzustand mit der Klasse A gerechnet werden kann.
Der Nordbaukörper ist mit knapp 70 m Höhe deutlich höher als das knapp 20 m hohe Bestandsgebäude. Durch die Rücksprünge am geplanten Gebäude werden die an Hochhäusern in der Regel auftretenden Abwinde, die zu deutlichen Geschwindigkeitsbeschleunigungen am Boden führen können, abgemindert. So stellt sich um den Nordbaukörper im Planzustand etwa eine Komfortklasse höher ein als im Istzustand. Im Sommer ist daher größtenteils mit der Komfortklasse B, im Winter mit Klasse C zu rechnen. Ähnliches gilt für die Situation am Stadtregal.
Die Ergebnisse zeigen, dass angesichts der zu erwartenden Windverhältnisse der Windkom-fort im nahen Umfeld des Vorhabens teilweise eingeschränkt ist. Im Rahmen der Freiraumplanung sind daher für die Bereiche, die einem längeren Aufenthalt dienen sollen (z.B. Sitzflächen auf den Terrassenflächen), Maßnahmen zur Verbesserung des Windkomforts vorgesehen. Mithilfe der geplanten transparenten Absturzsicherungen, die ebenfalls zur Lärmminderung der vorgesehenen Terrassenflächen beitragen (siehe Kapitel 0.), werden beispielsweise windgeschützte Bereiche im Plangebiet geschaffen. Zudem sind neben den bislang vorgesehenen Maßnahmen weitere Möglichkeiten zur Erhöhung des Windkomforts zu prüfen. In Treppenbereichen könnten bodennahe dichte Bepflanzungen oder ein Vordach am Hochhaus die Windbelastungen reduzieren. Speziell die bodennahe dichte Bepflanzung steht zudem im Einklang mit der Freiraumplanung der Plaza im MK 1.2. Ihre Umsetzung wird durch eine Regelung im städtebaulichen Vertrag öffentlich-rechtlich gesichert.
Im Rahmen der Abwägung ist zu berücksichtigen, dass die Flächen des Plangebiets, für die ein eingeschränkter Windkomfort prognostiziert wird, bislang nicht durch die Öffentlichkeit als Aufenthaltsbereich genutzt werden können. In Folge der Planung werden folglich nicht etwa bestehende Aufenthaltsflächen entwertet, sondern vielmehr neue Aufenthaltsflächen mit einem aufgrund des verfolgten städtebaulichen Konzepts mitunter eingeschränkten Windkomfort neu geschaffen.
Die städtebauliche Akzentuierung des Vorhabens an der Magistrale in der City Süd genießt jedoch im Rahmen der Abwägung ein höheres Gewicht als die Optimierung des Windkomforts der neu geschaffenen Freiflächen. Zudem bestehen grundsätzlich Möglichkeiten zur nachträglichen Verbesserung des Windkomforts durch die bauliche Gestaltung der Außenanlagen.