Zu dem Bebauungsplan Rotherbaum 37 wurde ein Artenschutz-Fachbeitrag mit artenschutzrechtlicher Prüfung der voraussichtlichen Planfolgen erarbeitet. Zu betrachten waren hinsichtlich der Belange des besonderen Artenschutzes nach § 44 BNatSchG das mögliche Vorkommen und die mögliche Betroffenheit von Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie (FFH-RL - Flora-Fauna-Habitat Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. EG Nr. L 206 S. 7), zuletzt geändert durch Richtlinie 2006/105/EG des Rates vom 20. November 2006 (ABl. EG Nr. L 363 S. 368), und von nach der EU-Vogelschutz-Richtlinie (VSchRL - Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten) geschützten europäischen Vogelarten.
Für Arten, die lediglich nach nationalem Recht wie z.B. nach der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) vom 16. Februar 2005 (BGBl. I S. 258, 896), zuletzt geändert am 21. Januar 2013 (BGBl. I S. 95, 99), besonders geschützt sind, gelten die artenschutzrechtlichen Verbote nach § 44 Absatz 5 BNatSchG dagegen nicht und der Schutz des § 44 Absatz 1 BNatSchG gilt nur für Handlungen außerhalb von nach § 15 BNatSchG zugelassenen Eingriffen.
Die Vorschriften für besonders und streng geschützte Tier- und Pflanzenarten nach § 44 BNatSchG und der Biotopschutz nach § 30 BNatSchG in Verbindung mit § 14 HmbBNatSchAG, bleiben auch bei der Durchführung eines Verfahrens nach § 13a BauGB unberührt. Es verbleibt außerdem die Verpflichtung, die Belange des Naturschutzes in der Abwägung zu beachten (§ 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe a BauGB).
Artenschutzfachliche Bestandsaufnahme und Bewertung
Um einschätzen zu können, ob streng geschützte Tier- und Pflanzenarten von den Maßnahmen des Bebauungsplans betroffen sein können und gegebenenfalls Vermeidungs- und Kompensationsmaßnahmen zu treffen sind, wurde eine Potenzialanalyse bzw. eine Relevanzprüfung (Vorprüfung) erstellt. Wesentliche Grundlage für die Ableitung von potenziell vorkommenden Arten stellen die geographische Verbreitung, die Habitatansprüche der Arten sowie die Habitateignung des Wirkraumes dar. Anhand der vorhandenen Biotope bzw. Lebensräume wird abgeschätzt, welche Arten im Untersuchungsraum zu erwarten sind.
Für das Plangebiet wurden Vögel, Fledermäuse, Amphibien, Reptilien, Libellen, Käfer und Schmetterlinge als relevante Artengruppen identifiziert.
Fledermäuse
Alle 25 Fledermausarten in Deutschland sind im Anhang IV der FFH-RL genannt und streng geschützt. In Hamburg kommen davon derzeit 14 Fledermausarten vor, von denen 5 im Plangebiet vorkommen.
Die Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) und die Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) gelten als überwiegend gebäudebewohnende Arten, die Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii) und der Große Abendsegler (Nyctalus noctula) suchen ihre Quartiere haupstsächlich in Gehölzen auf. Das Braune Langohr (Plecotus auritus) ist eine typische Waldfledermaus, kommt aber regelmäßig in Gebäuden vor.
Die Nachweisdichte war für alle Fledermausarten gering. Bei den mittels Sichtbeobachtung erfassten Individuen handelte es sich ausschließlich um Nachweise von Einzeltieren. Im August konnte eine westlich des Vorhabengebietes nach Süden vorbeiziehende Breitflügelfledermaus beobachtet werden. Weiterhin wurden auf der gleichen Route im Juli und im August je eine Zwergfledermaus verzeichnet. Für alle weiteren Arten konnten lediglich Rufnachweise erbracht werden. Ferner wurden keine Aus- oder Anflüge von Fledermäusen im Umfeld der Gebäude/Gehölze beobachtet und/oder Balzrufe von Fledermäusen aufgezeichnet.
Die Bedeutung des Plangebiets als Jagdgebiet für Fledermäuse ist gering. Durch die Anlage von Grün- und Gehölzflächen mit heimischen Laubbäumen und Sträuchern sowie von Dachbegrünungen können neue Jagdhabitate entstehen.
Abschließend lässt sich konstatieren, dass die Gebäude durch ihre Bauweise zwar in einigen Bereichen eine Eignung als mögliches Fledermausquartier (Spalten/Nischen bei Dachrandverblendungen, Rollladenkästen, Fensterbrettern) aufweisen, jedoch konnten keine Aus- oder Anflüge von Fledermäusen im Umfeld der Gebäude beobachtet werden. Weiterhin war die Nachweisdichte für gebäudebewohnende Fledermausarten gering, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass die Gebäude keine bedeutende Funktion als Fledermaushabitat erfüllen. Da keine geeigneten Strukturen für Winterquartiere nachgewiesen wurden, wird die Eignung der Gebäude als Winterruhehabitat als sehr gering eingestuft. Folglich sind durch das Vorhaben ausgelöste artenschutzrechtliche Konflikte für die Artengruppe der gebäudebewohnenden Fledermäuse demnach nicht zu erwarten.
Anders verhält sich für im Plangebiet befindliche und umliegende Baumgruppen. Für eine westlich im Eingriffsgebiet liegende Baumgruppe (Baumbestandsplan Nr. 40, 46-51) wird aufgrund potenziell geeigneter Habitatstrukturen eine Funktion als Fledermausquartier als möglich eingestuft. Ein weiteres Habitatpotenzial ergibt sich für den westlich angrenzenden Gehölzbestand (Straßenbäume, Baumbestand auf der Moorweide). Durch das Auftreten des Braunen Langohrs innerhalb des artspezifischen Ausflugzeitfensters im Umfeld der Baumgruppe Nr. 40, 46-51 sowie der potenziellen Eignung der Gehölze als Fledermausquartier, kann eine Nutzung der Gehölze durch Fledermäuse auf Grundlage der erhobenen Daten nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Zudem können die Baumhöhlen ein Bestandteil eines Quartierverbundsystems sein. Eine Entnahme der Bäume Nr. 40, 46-51 kann somit zu artenschutzrechtlichen Konflikten führen. Um ein mögliches Eintreten der Verbotstatbestände nach § 44 Absatz 1 BNatSchG zu vermeiden, sind Maßnahmen zur Konfliktminderung vorzusehen
Säugetiere
Außer den Fledermäusen können weitere strenggeschützte Säugetierarten aufgrund ihrer geographischen Verbreitung und Lebensraumansprüche für das Untersuchungsgebiet ausgeschlossen werden.
Amphibien
Aus der Artengruppe der Amphibien sind in Deutschland 13 Arten im Anhang IV der FFH-Richtlinie aufgeführt, davon sind Vorkommen von sechs Arten in Hamburg bekannt. Zum Nahrungsspektrum der Amphibien zählen neben Insekten (z. B. Käfer, Heuschrecken) auch andere Wirbellose (z. B. Spinnen, Würmer, Schnecken,). Das Nahrungsspektrum kann im Plangebiet aktuell abgedeckt werden.
Im Plangebiet sind (temporäre) Gewässer in Form eines künstlich angelegtes Wasserbecken ohne Fischvorkommen vorhanden. Bei den Untersuchungen des Plangebiets im März und Mai 2022 wurde kein Vorkommen von Amphibien festgestellt. Ebenfalls wird das Wasserbecken als Fortpflanzungsstätte als mäßig geeignet bewertet, da es weder Bodensubstrat, Wasserpflanzen noch einen Verlandungsbereich beinhaltet. Streng geschützte Arten sind demnach nicht zu vermuten. Damit das Wasserbecken nicht während der Planungsphase als potenzielles Laichgewässer oder Winterquartier dennoch zur Verfügung steht, ist das Wasser im Mai 2022 wieder aus dem Becken gelassen worden. Diese Vermeidungsmaßnahme dient insbesondere zum Schutz von Amphibien. Die Nutzung des Plangebiets als Winterquartier kann mit Hilfe dieser Maßnahme ausgeschlossen werden.
Mit der erfolgten Durchführung der genannten Vermeidungsmaßnahme ist nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand festzustellen, dass Beeinträchtigungen bei Umsetzung des Vorhabens für die genannten Arten auszuschließen sind. Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände treten folglich nicht ein. Nach der Bauphase wird das unter Denkmal stehende Wasserbecken mit entsprechender Begrünung wieder errichtet, weshalb Auswirkungen des Bauvorhabens auf die potenzielle Funktion des Wasserbeckens als Laichhabitat für Amphibien vermieden werden.
In Abstimmung mit der BUKEA sind in diesem Fall keine Ausgleichsmaßnahmen notwendig. Es werden hinsichtlich Amphibien bei Beachtung der Maßnahmen keine Verbotstatbestände nach § 44 BNatSchG ausgelöst.
Reptilien
Von den acht im Anhang IV der FFH-Richtlinie aufgeführten Arten sind drei in Hamburg heimisch. Aufgrund der Habitatausstattung im Untersuchungsgebiet sowie dessen isolierten Lage und des Fehlens von Offenbodenbereichen mit grabbarem Substrat kann ein Vorkommen der Zauneidechse ausgeschlossen werden. Insofern ist festzustellen, dass Beeinträchtigungen bei Umsetzung des Vorhabens für die genannte Art ausgeschlossen werden können. Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände treten demnach nicht ein.
Libellen
Aus der Artengruppe der Libellen sind in Deutschland acht Arten im Anhang IV der FFH-Richtlinie aufgeführt, wovon zwei potenziell in Hamburg vorkommen können.
Als potenzieller Habitatraum bietet sich das künstlich angelegte Wasserbecken ohne Fischvorkommen an, dessen Wasserstand zum Winter hin und zur Reinigung regelmäßig entlassen wird. Derzeit enthält das Wasserbecken als Teil einer Vermeidungsmaßnahme zum Schutz von Amphibien kein Wasser. Eine Uferzone ist in dem Becken nicht vorhanden. Es besteht eine „Ufer“-Vegetation in Form von Pflanzkästen, die zum Teil mit der Wasserlinie beginnen oder darüber liegen. Das Wasserbecken hat kein Bodensubstrat und der Wasserkörper ist frei von Bewuchs. Es gibt Beckenrandbereiche, die sich als potenzielle Laich- und Larvalhabitate eignen würden.
Die Begehungen konnten keine Nachweise oder Hinweise auf das Vorkommen von Libellen im Plangebiet erbringen. Ebenfalls kann aufgrund der Habitatausstattung im Plangebiet ein Vorkommen von Libellen nach Anhang IV der FFH-RL ausgeschlossen werden. Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände treten demnach nicht ein.
Käfer
Der Anhang IV der FFH-Richtlinie führt neun in Deutschland heimische Käferarten auf. Bis auf den Eremiten (Osmoderma eremita) sind Vorkommen aus dem Hamburger Raum nicht bekannt oder konnten seit den 1960er Jahren nicht nachgewiesen werden.
Beim Gehölzbestand im Plangebiet konnten keine Anzeichen für ein Vorkommen des Eremiten festgestellt werden. Insofern ist davon auszugehen, dass derzeit Beeinträchtigungen bei Umsetzung des Vorhabens für die genannte Art nicht prognostiziert werden können. Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände treten demnach nicht ein.
Schmetterlinge
Aus der Artengruppe der Schmetterlinge sind in Deutschland 16 Arten im Anhang IV der FFH-RL aufgeführt, wovon in Hamburg kommt lediglich zwei Arten vorkommen.
Während der Begehungen wurden keine Entwicklungsstadien des Nachtkerzenschwärmers im Plangebiet festgestellt. Ebenfalls waren keine Raupenfutter- und Nektarpflanzen adulter Falter vorhanden. Ein Vorkommen des Nachtkerzenschwärmers wird demnach ausgeschlossen.
Aufgrund der Habitatausstattung im Untersuchungsgebiet kann ein Vorkommen des Nachtkerzenschwärmers ausgeschlossen werden. Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände treten folglich nicht ein.
Mollusken
Von den drei in Anhang IV der FFH-Richtlinie genannten Arten ist einzig die Zierliche Tellerschnecke ist in Hamburg vorzufinden.
Aufgrund der Habitatausstattung im Untersuchungsgebiet ist ein Vorkommen der Zierlichen Tellerschnecke unwahrscheinlich. Diese Vermutung ist durch die Begehung bestätigt worden. Folglich können Beeinträchtigungen bei Umsetzung des Vorhabens für die genannte Art nicht prognostiziert werden. Demnach treten keine artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände ein.
Brutvögel
Alle einheimischen Brutvogelarten sind artenschutzrechtlich relevant. Neben den Vögeln als Individuen selbst, sind auch deren Eier, Fortpflanzungs- und Ruhestätten (Nester, Baumhöhlen) sowie wiederkehrend genutzte Nester (Horste) und Baumhöhlen – auch während ungenutzter Zeiten – geschützt.
Insgesamt sind im Plangebiet 20 Vogelarten nachgewiesen worden, wovon neun als Brutvögel und elf als Gastvögel (Nahrungsgäste bzw. Durchzügler) zu werten sind. Alle vorgefundenen Vogelarten sind als europäische Vogelarten im Sinne des Art. 1 der Vogelschutz-Richtlinie (VS-RL) einzuordnen. Sie unterliegen damit einem allgemeinen Schutzerfordernis nach den Art. 2 und 3 der genannten Richtlinie.
Die Abschätzung, inwieweit die Arten von dem Vorhaben beeinträchtigt werden können, erfolgt zusammengefasst in ökologischen Gruppen mit gleichen bzw. ähnlichen Ansprüchen an ihre Brutstandorte. Eine artbezogene Bearbeitung erscheint nicht sinnvoll, da sich für jede betroffene Art in etwa der gleiche Sachverhalt und damit der gleiche Wortlaut ergeben würde. Es wird unterschieden in
- Brutvögel mit einmalig genutzten Brutstandorten
- Brutvögel mit mehrmalig genutzten Brutstandorten
Brutvögel mit einmalig genutzten Brutstandorten
Die im Plangebiet vorkommende Vogelarten (z.B. Graugans, Buchfink, Rotkehlchen, Mauersegler, Blau- und Kohlmeisen) sind typische Arten der Gehölze, Wälder und Siedlungen. Sie sind in der Lage innerhalb ihres Verbreitungsgebietes eine Vielzahl unterschiedlicher Lebensräume zu besiedeln und besitzen die Fähigkeit, eine große Bandbreite verschiedener Umweltfaktoren zu ertragen sowie die Fähigkeit einer raschen Ausbreitung. Ebenfalls zählen sie überwiegend zur Gruppe mit einer schwachen Lärmempfindlichkeit. Die vorgefundenen Arten sind mit großer Wahrscheinlichkeit Teil einer großräumigen Lokalpopulation, die sich auch auf die angrenzenden Siedlungsbereiche erstrecken. Aufgrund der Häufigkeit der Arten wird der Erhaltungszustand der lokalen Population als günstig eingeschätzt.
Mit der Rodung von Sträuchern und Gehölzen sowie des Abtrags von Oberboden zur Baufeldfreimachung besteht die Gefahr des Auslösens der Verbotstatbestände nach § 44 Absatz 1 Nummer 1-3 BNatSchG (Tötung-, Störungs- und Beschädigungsverbot). Diese können jedoch über die Regelung der Bauzeiten nach den Vorgaben des § 39 BNatSchG sowie durch das Entfernen bzw. Verschließen von Nistkästen an Gebäuden während der Wintermonate vermieden werden. Aufgrund der geplanten Nutzung sind betriebsbedingte Tötungen, die über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehen, nicht zu erwarten, weshalb hierfür keine weiteren Vermeidungsmaßnahmen vorzusehen sind. Ferner können sie bei Bedarf ohne weiteres in die bestehenden benachbarten Siedlungsgebietes ausweichen. Hinsichtlich des Verbots des Beschädigens oder Zerstörens von Fortpflanzungs- und Ruhestätten lässt sich festhalten, dass bei allen Arten, die jährlich ihr Nest neu bauen, der Schutzstatus der Fortpflanzungsstätte mit Beendigung der Brutperiode erlischt. Die Entnahme des Nestes außerhalb der Brutzeit führt daher nicht zur Zerstörung der Fortpflanzungsstätte im Sinne des § 44 Absatz 1 Nummer 3 BNatSchG und muss deshalb nicht kompensiert werden. Baubedingte Störungen der an das Baufeld angrenzenden Niststätten sind temporär und lösen keine erheblichen Störungen aus, welche die dauerhafte Funktion der Niststätten beschädigen würden. Die Funktionalität der Niststätten im räumlichen Zusammenhang bleibt weiterhin gewahrt. Ein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand liegt demnach nicht vor.
Bei Beachtung der Bauzeitenregelung sowie dem Verschießen bzw. Entfernen von Nistkästen an Gebäuden und Bäumen während der Winterzeit werden keine Verbotstatbestände nach § 44 BNatSchG ausgelöst. Ein Erfordernis der Zulassung einer Ausnahme nach § 45 Absatz 7 BNatSchG besteht derzeit nicht.
Brutvögel mit mehrmalig genutzten Brutstandorten
Ein Vorkommen von Mauersegler, Mehlschwalbe, Sturmmöwe, Hausrotschwanz und Star wurden im Untersuchungsgebiet nachgewiesen. Davon sind Mehlschwalbe und Sturmmöwe als Nahrungsgast bzw. Durchzügler zu bewerten. Als Brutvogelarten im Plangebiet wurden der Star und Mauersegler als Höhlenbrüter im Siedlungsbereich und der Hausrotschwanz als Nischenbrüter festgestellt, die als lärmunempfindliche Arten gelten.
Mit der Rodung von Sträuchern und Gehölzen, des Abtrags von Oberboden sowie Rückbau der Bestandsbebauung zur Baufeldfreimachung besteht die Gefahr des Auslösens der Verbotstatbestände nach § 44 Absatz 1 Nummer 1-3 BNatSchG. Das Tötungs- und Störungsverbot kann jedoch über die Regelung der Bauzeiten vermieden werden. Da bei mehrmalig genutzten Brutstandorten ihr Schutzstatus nicht nach Beendigung der Brutzeit erlischt, lässt sich eine baubedingte Zerstörung von Ruhestätten nicht vermeiden. Allerdings kann mit dem Ersatz der Brutstätten und der Bewahrung der ökologischen Funktion im räumlichen Zusammenhang ein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand auch hier vermieden werden. Bedingung hierfür ist, dass sowohl die Brutstätten im artspezifischen Verhältnis ersetzt werden als auch eine naturnahe Begrünung für ausreichend Insekten für die Tiere selbst und ihren Nachwuchs sorgt (vgl. Kapitel 5.11.3.3).
Besonders geschützte Insektenarten nach BArtSchV
Die Habitatausstattung im Plangebiet weist mit ihrem Blühangebot einer ca. 200 m2 umfassenden Wildblumenwiese (Hof J) mit diversen Pflanzengesellschaften sowie dem Eintrag von Totholz, Natursteinen und Boden-Nisthilfen (Hof J, Gründach über dem Materiallager sowie über der Poststelle) auf Vorkommen von artenschutzrelevanten Insektenarten bzw. -gruppen hin, die nach BArtSchV Anlage 1 besonders geschützt sind (z. B. Tagfalter, Heuschrecken, Wildbienen und Ameisen, Käfer). Bei den Begehungen wurden zahlreiche Heuschrecken, Stechimmenarten (z. B. verschiedene Hummelarten) und Schwarze Wegameisen erfasst.
Die artenschutzrechtliche Prüfung hat ergeben, dass insbesondere durch die Baufeldfreimachung die Verbotstatbestände nach § 44 Absatz 1 Nummer 1-3 BNatSchG ausgelöst werden können.
Zur Bewertung der Verbotstatbestände lässt sich konstatieren, dass Alternativquartiere im näheren Umfeld möglicherweise vorhanden sind. Auch müssen folgende Minderungsmaßnahmen vorgesehen werden, wie bspw. Schaffung von neuen potenzielle Quartierstrukturen. Hier sollten bei der Gestaltung der Freiräume Flächen mit Blühangebot heimischer Stauden und Wildkräuter neu geschaffen und mit geeigneten Futter- und Nektarpflanzen ausgestattet werden. Des Weiteren wird empfohlen, sandige Offenbereiche bzw. Boden-Nisthilfen sowie Totholz- und Steinstrukturen neu anzulegen.
Zusätzlich sollte vor der Baufeldräumung die Boden-Nisthilfe vom Gründach des Materiallagers („Sheddach“) im Ganzen gesichert und an geeigneter Stelle umgesetzt werden, da diese von Schwarzen Wegameisen dauerhaft als Lebensstätte angenommen wurde.
Mit Hilfe dieser Maßnahmen kann die ökologische Funktion des Plangebiets als potenzielle Fortpflanzungsstätte und Nahrungs-/ Jagdhabitat im räumlichen Zusammenhang gewahrt bleiben. Bei Beachtung der Maßnahmen können artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfolgreich vermieden werden.
Artenschutzrechtlich begründete Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen
Allgemeine Bauzeitenregelung
Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände nach § 44 Absatz 1 BNatSchG werden in Bezug auf potenzielle Vorkommen von Fledermaus und Brutvogelarten durch folgende Maßnahmen vermieden:
Verbot der Tötung / Verletzung: Dieser Tatbestand wird im Hinblick auf gehölzbezogene Vögel nicht erfüllt, wenn die Fäll-, Rodungs- und ggf. Baumschnittarbeiten im Zeitraum zwischen Anfang November und Ende Februar und somit nach bzw. vor der Brutzeit der Vögel durchgeführt werden (allgemein gültige Regelung § 39 BNatSchG). Ausnahmen sind möglich, wenn durch eine Suche nach besetzten Nestern in den betreffenden Bäumen und Gebüschbereichen ein Vorkommen ausgeschlossen werden kann. Die Abbrucharbeiten der Gebäudekomplexe sollten zur Umgehung vermeidbarer Direktverluste von Gebäudebrütern bis Ende April eines Jahres beendet sein. Hierbei sind der Block G sowie das Nebengebäude im Hof G prioritär aufgrund vorhandener Fortpflanzungsstätten rückzubauen. Ebenfalls wird mit Hilfe der Bauzeitenreglung eine Störung der vorhandenen Populationen vermieden.
Fledermausquartiere an Gebäuden sind nach Abschluss der Realkartierung nicht zu erwarten und bedürfen daher keine gesonderten Festlegungen.
Sollten Ruhe- und Fortpflanzungsstätten durch die Baumaßnahme zerstört werden, sind diese auszugleichen (näheres siehe Kapitel 0).
Lichtimmissionen
Vor dem Hintergrund des allgemein stattfindenden Insektensterbens sollen Störwirkungen ausgelöst durch Lichtimmissionen gemindert werden. Dies dient dem allgemeinen Arten-schutz. Bei der Auswahl der Leuchtmittel sind diese Festsetzungen verbindlich zu beachten. Konkret wird folgende Festsetzung auf Basis von § 9 Absatz 4 BauGB i.V.m. § 5 Absatz 1 Bauleitplanfeststellungsgesetz i.V.m. § 4 Absatz 3 HmbBNatSchAG i.V.m. § 9 Absatz 3 Satz 1 Nummer 4 BNatSchG zu Beleuchtungsanlagen im Plangebiet getroffen:
„Außenleuchten sind zum Schutz von wildlebenden Tierarten ausschließlich mit Leuchtmitteln mit warmweißer Farbtemperatur bis 3000 Kelvin zulässig. Die Leuchtgehäuse sind gegen das Eindringen von Insekten staubdicht geschlossen auszuführen und dürfen eine Oberflächentemperatur von 60°C nicht überschreiten. Eine Abstrahlung oberhalb der Horizontalen sowie auf angrenzende Wasserflächen, Gehölze oder Grünflächen ist unzulässig.“ (§ 2 Nummer 18 der Verordnung)
Mit dieser Festsetzung sollen die Störwirkungen durch Lichtimmissionen auf die empfindlichen Arten in den angrenzenden Baum- und Gehölzbereichen auf das geringstmögliche Restrisiko gemindert werden. Eine zu starke Lichtverschmutzung insbesondere in den Abend- und Nachtstunden kann einen abdrängenden Effekt auf im Plangebiet vorkommenden Arten haben und ihr Jagdverhalten stark einschränken bzw. ihre Flugrouten beeinflussen.
Insekten bilden für Artengruppen wie Fledermäuse und Vögel eine wichtige Nahrungsgrundlage, weshalb es aus Gründen des Artenschutzes Regelungen zur Verwendung spezieller Leuchtmittel als Vorsorgemaßnahme zum Schutz der Insekten gibt. Für Insekten sind Lichtquellen direkt (Verbrennen, Aufprall) oder indirekt (Verhungern, Erschöpfung, leichte Beute) Todesfallen. Durch die Festsetzung wird gewährleistet, dass die Beleuchtung eine Farbtemperatur aufweist, welches auf nachtaktive Insekten nicht stark anlockend wirkt. Auch durch die Begrenzung der Beleuchtung bis maximal zur Horizontalen sowie in seitlicher Richtung hinzu angrenzenden Flächen wird der Effekt vermindert, dass Insekten durch weithin sichtbares Licht angelockt werden. Zudem werden durch die Festsetzung die Lichtimmissionen insgesamt begrenzt und somit auch Störungen anderer Tiere durch eine nächtliche Beleuchtung vermieden. Ferner werden die Insekten durch diese Art der Beleuchtung nicht aus angrenzenden Jagdhabitaten weggelockt und dadurch die Nahrungsgrundlage für nachtaktive Tierarten nicht reduziert.
Durch die festgesetzte geschlossene Ausführung der Leuchtgehäuse und die Begrenzung der Temperatur wird zudem bei einem dennoch stattfindenden Kontakt von Insekten mit Leuchten das Risiko einer Verletzung oder Tötung reduziert. Beeinträchtigungen der örtlichen Fauna durch Lichtquellen können so auf ein Mindestmaß reduziert werden. Erfolgt eine große Zahl an Individuenverlusten kann dies zu einer Dezimierung der Populationen von nachtaktiven Insekten in der Umgebung der Lichtquelle führen. Das hat dann wiederum weitgehende Auswirkungen auf das gesamte lokale ökologische Gleichgewicht (z. B. Nahrungsketten, Blütenbestäubung). Die Verarmung der Insektenfauna durch umfangreiche Individuenverluste wird mit diesen Festsetzungen effektiv vermieden.
Die Festsetzung zum Licht entspricht dem heutigen Stand der Technik und führt zu deutlich geringeren Verlusten von durch Licht angezogenen Insekten, die als Grundlage der Nahrungskette somit für Vögel und Fledermäuse (Nahrung) und mit ihrer Funktion im Ökosystem erhalten werden.
Vogelschlag
Nach Fertigstellung der Neubebauung kann im Zusammenhang mit Gebäudeverglasungen und der nicht unerheblichen Gebäudehöhen ein Konflikt mit Vögeln entstehen. Hierzu trifft der Bebauungsplan im Sinne von § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe a BauGB in Verbindung mit § 44 Absatz 1 Nummer 1 BNatSchG die folgende artenschutzrechtlich begründete Festsetzung:
„Gläserne Brüstungen bzw. Dacheinfassungen und, sofern der verglaste Anteil einer Fassade eines Gebäudes mehr als 75 vom Hundert beträgt oder die Glasscheiben größer als 6 m² sind, auch Fenster und Fassadenteile aus Glas sind durch wirksame Maßnahmen so auszubilden, dass sie für Vögel wahrnehmbar sind. Satz 1 gilt nicht für Schaufenster im Erdgeschoss.“ (§ 2 Nummer 19 der Verordnung).
Mit dieser Festsetzung soll die Gefahr einer Tötung oder Verletzung von Vögeln durch Kollision mit transparentem Material an den Fassaden auf das geringstmögliche Restrisiko gemindert werden. An den Glasflächen sind Maßnahmen sinnvoll, um diese für das Vogelauge erkennbar zu machen, sofern in diesen Glasflächen Spiegelungen von Vegetation, v.a. Gehölzen, oder vom Himmel vermieden bzw. durch Markierungen entschärft werden, um für Vögel nicht erkennbare Hindernisse auszuräumen. Die Ausnahme, solche Maßnahmen nicht bei Schaufenstern im Erdgeschoss durchführen zu müssen, erlaubt es, die Erdgeschosszone für die dort geplanten öffentlichkeitsbezogenen Nutzungen nicht gravierend einzuschränken. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass bei Vorliegen von für Vögel anziehenden Habitaten oder Durchsichten auf für Vögel interessante Flugziele geeignete Vermeidungsmaßnahmen zu ergreifen sind. Die Festsetzung beinhaltet auch, dass sonstige freistehende transparente Flächen von Brüstungen und Schutzwänden erkennbar für das Vogelauge mit Vogelschutzmarkierungen zu gestalten sind, um auch dort das Risiko für Vögel weit möglichst zu minimieren. Fachinformationen zum Thema Vogelkollisionsschutz und eine Beispielsammlung unterschiedlichster Lösungsansätze mit Vergleich der Wirksamkeit können dem im Internet frei verfügbaren Leitfaden „Vogelfreundliches Bauen mit Glas und Licht“ entnommen werden (Schweizerische Vogelwarte Sempach, 2. überarbeitete Auflage 2012).
Trockenlegung des Wasserbeckens
Die temporäre Trockenlegung des Wasserbeckens dient als Vermeidungsmaßname für Libellen und Amphibien und ist bereits im Mai 2022 durchgeführt worden. Nach erfolgreicher Errichtung der Neubauten wird das Wasserbecken wiederaufgebaut.
Artenschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen
Im Ergebnis der artenschutzgutachterlichen Beurteilung der Planfolgen sind lediglich dann artenschutzrechtlich begründete Ausgleichsmaßnahmen erforderlich, wenn Bäume mit Höhlungen gefällt sowie Gebäude mit Ruhe- und Fortfortpflanzungsstätten rückgebaut werden. Alle entfallenden Bäume ab 50 cm Stammdurchmesser sind daher unmittelbar vor der Fällung fachgutachterlich auf Höhlungen mit Besatz zu überprüfen und die Anzahl von ggf. verlorengehenden Höhlungen ist zu dokumentieren. Diese Dokumentationspflicht wird im Durchführungsvertrag geregelt. Als Ausgleichsmaßnahme für den Verlust von Baumhöhlungen sind Ausgleichsmaßnahmen in Form von Vogelnist- und/oder Fledermauskästen geeignet, die an hierfür geeigneten verbleibenden Bäumen im Plangebiet oder in der Umgebung zu installieren und dauerhaft zu unterhalten sind. Anzahl und Art der Kästen sind dem gutachterlichen Untersuchungsergebnis entsprechend mit der zuständigen Fachbehörde im Rahmen der dem Bebauungsplanverfahren nachgeordneten jeweiligen Fäll- und Rückbaugenehmigung einzelfallbezogen abzustimmen und festzulegen. Hierzu wird eine entsprechende Regelung in den Durchführungsvertrag aufgenommen.
Folgende artenschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen sind vorgesehen.
Brutvögel
Vor dem Hintergrund, dass alle bestehenden Nistkästen für Meisenarten an Gehölzen sowie auch an Gebäuden zum Untersuchungszeitpunkt von Blau- und Kohlmeisen zur Brut genutzt wurden, werden folgende populationsstützende Artenhilfsmaßnahmen für einmalig genutzte Brutstandorte empfohlen, mit dem Ziel bestehende Vogel-Nisthilfen mit der Errichtung des Vorhabens im artspezifischen Verhältnis zu erhalten bzw. zu ersetzen:
- Eine insektenfreundliche Gestaltung (offene sandige Bodenbereiche/ Sandarium, Totholz) und naturnahe Begrünung des Freiraums und der Dachbereiche sind als Ersatz für verloren gehende Jagdhabitatflächen für Fledermäuse und Vögel sowie als Rückzugs- und Ruhestätten für Vögel vorzusehen.
- Anbringung von 11 Nistkästen (Meisenkasten/ Kleinmeisen) vorzugsweise am Gehölzbestand des westlichen Plangebietes ab etwa 2-3 Metern Höhe in Richtung Osten/ Süd-Osten. Größe des Einflugloches 26 mm.
- Anbringung von 3 Nistkästen (Meisenkasten/ Kohlmeise) vorzugsweise am Gehölzbestand des westlichen Plangebietes ab etwa 2-3 Metern Höhe in Richtung Osten/ Südosten. Größe des Einflugloches 32 mm.
- Anbringung von 4 Fledermausquartieren am Gebäude für Gebäude bewohnende Fledermausarten (Fledermausflachkästen), vorzugsweise unter der Dachkante an Hausecken und in verschiedenen Himmelsausrichtungen von Südosten bis Nordwesten.
Da einjährig genutzte Brutstandorte außerhalb der Brutzeit nicht dem Schutzstatus nach § 44 BNatSchG unterliegen, können für diese keine Ausgleichsmaßnahmen planungsrechtlich gesichert werden. Ihre Sicherung erfolgt über das Gesamtkonzept Biodiversität, welches im Rahmen einer DGNB-Zertifizierung erstellt wird. Zusätzlich werden diese Maßnahmen im Durchführungsvertrag verbindlich geregelt.
Für mehrmalig genutzte Brutstandorte sind Ersatzniststätten im funktionalen Zusammenhang herzustellen, um den Verlust des Brutplatzes von Vögeln zu vermeiden. Für die im Plangebiet festgestellte Brutvogelarten Star, Mauersegler und Hausrotschwanz können Nistkästen an Gehölzen und am Gebäude für Ausgleich sorgen. Die Kompensation an Nisthilfen sind im Verhältnis von 1:2 für durchzuführen, um die Wahrscheinlichkeit für eine erneute Besiedlung zu erhöhen. Aus diesem Grunde werden folgende Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt:
„In der mit „(C5)“ bezeichneten überbaubaren Grundstücksfläche sind unterhalb der westlichen Dachkante des Gebäudes vier Nistkästen für Mauersegler in fachlich geeigneter Weise anzubringen oder zu integrieren und zu erhalten.“ (§ 2 Nummer 20 der Verordnung)
„In dem Kerngebiet sind einzeln an den neu zu errichtenden Gebäuden zwei Nistkästen für Halbhöhlenbrüter wie beispielsweise Hausrotschwänze in fachlich geeigneter Weise anzubringen oder zu integrieren und zu erhalten. Die Nistkästen müssen mindestens einen Abstand von 20 m zueinander haben.“ (§ 2 Nummer 21 der Verordnung)
„Innerhalb der Fläche mit Ausschuss von Nebenanlagen sind im Baumbestand zwei Nistkästen für Höhlen- und Nischenbrüter wie beispielsweise Stare in fachlich geeigneter Weise anzubringen und zu erhalten.“ (§ 2 Nummer 22 der Verordnung)
Die vorgefundenen Brutvogelarten stellen besondere Anforderungen an ihre Brutstandorte, weshalb eine differenzierte Festsetzung von Nisthilfen erforderlich ist, um die verlorenen Brutstätten entsprechend der naturschutzrechtlichen Anforderungen auszugleichen.
So sind Mauersegler Koloniebrüter ausgesprochen standorttreu und suchen deshalb jedes Jahr dasselbe Nest auf. Da während der Begehungen im Gebäudeblock G (künftig Haus 5) zwei Brutpaare festgestellt wurden, sollen in diesem Bereich wieder Nistkästen für Mauersegler errichtet werden. Eine fachgerechte Anbringung umfasst, dass Nistkästen in westlicher Ausrichtung unterhalb der Dachkante des Gebäude in einem Abstand von mindestens 1 m zueinander angebracht werden.
Hausrotschwänze sind im Gegensatz zu den Mauerseglern und Staren territorial und dulden in der Brutzeit keine Artgenossen in ihrer Nähe. Es sollten daher zwei Nistkästen am Gebäudekomplex in großer Entfernung zueinander angeboten werden. Erfahrungsgemäß sollte ein Radiusabstand von mindestens 20 m eingehalten werden. Da im Hof G ein Hausrotschwanzpaar gesichtet wurde und sie eine gewisse Standorttreue aufweisen, ist es sinnvoll im Bezugsbereich von Haus 5 und 6 oder im Norden von Haus 4 einen Nistkasten zu errichten. Die Anbringung der zwei Nistkästen sollte einzeln an Gebäuden in einer Höhe ab 2 m erfolgen.
Stare sind wie Mauersegler Koloniebrüter und haben voraussichtlich im Vorhabengebiet (begrünte Vorzone an der Neue Rabenstraße) spontan ihr im angrenzenden Gebiet vorhandenes Brutrevier erweitert. Aus diesem Grunde wird der Standort für die Anbringung von Nistkästen im Gehölzbestand entlang der Kleinen Moorweide (westlich von Haus 1) festgelegt, um den Staren eine Wiederansiedlung bzw. eine Erweiterung ihres Brutreviers zu ermöglichen. Eine fachgerechte Anbringung bedeutet, dass Nistkästen ab etwa 3-4 Metern Höhe in Richtung Osten/ Süd-Osten angebracht werden sollten und die Größe des Einflugloches 45 mm beträgt.
Fledermäuse
Da im Plangebiet keine Fledermausquartiere ermittelt wurden, ist eine verbindliche Festsetzung zum Anbringen von Fledermausflachkästen nicht möglich. Aus diesem Grunde werden populationsstützende Artenhilfsmaßnahmen wie die Anbringung von Fledermausquartieren am Gebäude für Gebäude bewohnende Fledermausarten (Fledermausflachkästen) empfohlen. Hierdurch soll im Sinne der Biodiversitätsstrategie die Ansiedlung von neuen Arten zu ermöglicht werden.
Für eine westlich im Eingriffsgebiet liegende Baumgruppe (Baumbestandsplan Nr. 40, 46-51) wird aufgrund potenziell geeigneter Habitatstrukturen eine Funktion als Fledermausquartier als möglich eingestuft. Daher sind vor einer Entnahme der Bäume alle potenziellen Quartiersstrukturen durch eine fachkundige Person hinsichtlich eines Besatzes mit Fledermäusen zu überprüfen. Allgemein gilt, sollten bei Baumfällungen für als Fledermausquartier geeignete Baumhöhlung im Zuge des Vorhabens verloren gehen, ist für jedes Quartiere ein Ausgleich im Verhältnis von mindestens 1:3 vorzusehen (z. B. Fledermaushöhlen/ Fledermausflachkästen). Die Standortauswahl für die Kästen hat durch eine fachkundige Person zu erfolgen.
Amphibien und Libellen
Darüber hinaus ist zum Erhalt der potenziellen Funktion des Wasserbeckens als Laichhabitat für Amphibien und Libellen das Becken wieder zu errichten und an den Seiten erneut zu begrünen.
Bei einer Verwirklichung des Vorhabens kommt es somit nicht zum Eintreten eines Verbotes nach § 44 Absatz 1 Nummer 3 BNatSchG, wenn bei eventuellem Verlust von Fortpflanzungs- und Ruhestätten Kompensationsmaßnahmen für Höhlen-/Gebäuebrüter und/oder Fledermäuse durchgeführt werden. In der Regel wird dann durch Ausgleichsmaßnahmen sichergestellt, dass die ökologischen Funktionen der betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten kontinuierlich erhalten bleiben. Die Darlegung der naturschutzfachlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme nach § 45 Absatz 7 BNatSchG ist dann nicht erforderlich.
Naturschutz- und artenschutzfachliche Gesamtbetrachtung
Da der Bebauungsplan als Bebauungsplan der Innenentwicklung gemäß § 13a BauGB aufgestellt wird und da die durch den Bebauungsplan ermöglichte Grundfläche weniger als 20.000 m² beträgt, gelten nach § 13a Absatz 2 Nummer 4 BauGB Eingriffe, die auf Grund der Aufstellung des Bebauungsplans zu erwarten sind, als im Sinne des § 1a Absatz 3 Satz 5 BauGB vor der planerischen Entscheidung erfolgt oder zulässig. Unabhängig davon sind voraussichtliche Auswirkungen auf den Naturhaushalt und das Landschaftsbild darzustellen und in die Abwägung einzustellen.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Plangebiet auf Grundlage des bislang geltenden Baustufenplan Harvestehude-Rotherbaum vom 06. September 1955 im Bereich des festgesetzten Kerngebiets bereits im Bestand in großen Teilen bebaut und versiegelt ist. Daher ergeben sich gegenüber dem Bestand in Bezug auf die Bodenfunktionen und den Wasserhaushalt keine weitergehenden negativen Auswirkungen. In Hinblick auf die Grundstücksentwässerung ist sogar von einer Entlastung der Vorflut (Regensiele) auszugehen. Kleinklimatisch sind als negative Auswirkung zunächst die Baumfällungen und Vegetationsrodungen anzuführen. Mit Heranwachsen der festgesetzten Anpflanzungen und Ersatzpflanzungen von Bäumen und Großsträuchern werden diese jedoch sukzessive ausgeglichen. Auf Grund der festgesetzten Dach- und Tiefgaragenbegrünung ist gegenüber dem bisherigen Bestand von einer deutlichen Zunahme lokalklimatisch und lufthygienisch positiv wirksamer vegetationsbestandener Oberflächen auszugehen. Unter Berücksichtigung bzw. Einhaltung artenschutzrechtlicher Vermeidungsmaßnahmen werden die Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG nicht berührt. Hinsichtlich der Belange des Landschafts- und Ortsbildes kommt es zunächst im Zuge der Fäll-, Rodungs- und Abbrucharbeiten zu einer erheblichen Veränderung. Mit Fertigstellung der Bebauung, der Erhaltung, Ergänzung und Neupflanzung von Bäumen und Großsträuchern sowie der qualitätvollen Gestaltung und Begrünung der Außenanlagen wird jedoch ein dem Erscheinungsbild der Neuen Rabenstraße adäquates Büroquartier mit ergänzenden Gastronomieangeboten und Dienstleistungen entstehen. Die bestehenden Funktionen im Freiraum- und Wegeverbund werden hinsichtlich der fußläufigen Durchlässigkeit weiterentwickelt. Damit sind gleichzeitig Belange der Erholungsfunktionen in den öffentlichen und privaten Freiflächen gesichert. Insgesamt wird mit der Planung den Zielsetzungen des Landschaftsprogramms zur Verbesserung der Naturhaushaltsfunktionen entsprochen.